Das Auto stirbt

Die sprachliche Präzision stirbt langsam aus – auch bei Journalisten. Vor langer Zeit wurde schon aus der Alternative (der Wahl zwischen zwei Möglichkeiten) ein generelles Synonym für eine Möglichkeit. Jetzt begleiten wir das Wort „Auto“ auf seinem langen Weg ins Grab.

„Autos und Lkws…“ So leitete Sabine Heinrich, Moderatorin bei WDR 2, einen Beitrag über die Fülle auf Autobahn-Parkplätzen ein. Bitte, Frau Heinrich, was ist ein Auto? Die Kurzform von Automobil,  einem motorgetriebenen, mehrspurigen Fahrzeug zur Beförderung von Personen oder Lasten. Es gibt also keinen Unterschied zwischen Auto und Lkw. Warum sagt sie nicht einfach Pkws und Lkws?

Der Wandel hat sich in der Umgangssprache vollzogen. Es ist betrüblich, dass Journalisten als Multiplikatoren sich dem jetzt anschließen…
(WDR 2, 7.3.2017

Darunter = alles?

Donald Trump erlässt ein neues Dekret gegen Einwanderer. Und was sagt die Reporterin im Gespräch? Sechs Länder seien betroffen, „darunter Iran, Somalia, Sudan, Jemen, Syrien und Libyen“. Sie zählt also alle auf. Der Standard-Ausdruck dafür heißt „und zwar“ und nicht „darunter“. Journalisten beherrschen demnach nicht einmal mehr die einfachsten Ausdrücke der deutschen Sprache. Merke: Sprachliche Schlamperei fängt klein an.
(WDR 2, 7.3.2017)

Klare Ansage

„Gülen-Anhänger sind Terroristen.“ So eine klare Aussage hört man von Reportern eher selten im deutschen Radio. Aber im Gespräch mit der Moderatorin von WDR 2 über einen Anschlag in der Türkei sagte der Reporter sinngemäß: „Erdogan hat mit Schuld. Jahrelang hat er zugelassen, dass der Staat von den Leuten unterwandert wird, die er jetzt verfolgt.“ „Unterwandert“? Das bedeutet „nach und nach unmerklich in etwas eindringen, um es zu zersetzen“ (Duden). Meint er das wirklich oder ist sein Sprachzentrum sinnentleert umhergewandert?

PS: Falls ja – der Sender ist sich zu fein, Fehler zu korrigieren.

(WDR 2, 9.1.2017)

Armes England

„Im Stadtteil Westminster, das ist da, wo das Parlament liegt…“ Aber hallo! Wie soll das mit der britischen Wirtschaftskraft erst nach dem Brexit werden, wenn die Politiker jetzt im Liegen tagen müssen? Mussten die wirklich schon die Stühle des Plenarsaals verkaufen? Liebe Kollegin, neinten Sie vielleicht „wo das Parlament tagt“? Den Unterschied zwischen Menschen und einem Saal sollte man eigentlich kennen…

(WDR 2, 28.12.2016, Bericht über Video-Überwachung in London)

Schwer beeindruckend

Journalisten lieben es, den Fachmann raushängen zu lassen und mit ungewöhnlichen Maßangaben um sich zu werfen. „In Köln hat man eine 10-Zentner-Bombe gefunden.“ Das sendete WDR 2 und schrieb der Stern. Meine Güte! Das ist ja ein dickes Ding!

Aber mal ehrlich, wie dick ist es denn? Wer außer Bauern weiß heute noch, wieviel Kilo ein Zentner hat? Na, wieviel? Genau, nämlich 50 kg. Die Bombe wiegt also 500 Kilo. Hätte man natürlich auch sagen und schreiben können, wenn man es gewusst hätte. (Übrigens, in Österreich und der Schweiz hat der Zentner laut Wikipedia 100 Kilo.)

Ich sehe diese Journalisten schon beim Fleischer stehen: „Ich hätte gern 0,002 Zentner Leberkäse.“ „Darf`s auch etwas mehr sein?“ Ja, Kollegen. Mehr Nachdenken.

(WDR 2, Stern, 12.12.2016)

Richtung unten

Der Wetterbericht bei WDR 2 ist immer ein Graus. Zumindest sprachlich. Da „tröpfelt es nur noch Richtung Eifel“. Weiß ich nun Bescheid? Nein. Was heißt denn Richtung? Von Köln aus Richtung Eifel oder von Mainz aus? Und ab wo tröpfelt es? Nur zwei Sachen stehen fest: In der Eifel ist es trocken, denn es tröpfelt ja nur in Richtung Eifel. Und: Die Richtung des öffentlich-rechtlichen Sprachniveaus zeigt eindeutig nach unten.

(WDR 2, November 2016)

WDR 2 im Größenwahn

Der öffentlich-rechtliche Radiosender hat sich einen neuen Slogan zugelegt: „Wir sind der Westen.“ Ja ja, zusammen mit Rheinland-Pfalz und dem Saarland ist Nordrhein-Westfalen eins der am weitesten westlich gelegenen Bundesländer. Korrekt wäre also höchsten „Auch wir sind der Westen“. Klingt natürlich blöd. Leider ist das Word Westen aber besetzt, es gibt ja schließlich West- und Ostdeutschland.

WDR 2 maßt sich also an, für elf Bundesländer zu sprechen: „Wir sind der Westen.“ Das ist Größenwahn. Viel schlimmer aber ist, dass der Hörer nicht mehr weiß, wovon der Sender überhaupt spricht. Wenn es mit Kitaplätzen „im Westen“ Probleme gibt, gibt es in Ostdeutschland dann keine? Oder meint WDR 2 nur NRW? Da sitzt der Hörer vor dem Lautsprecher und rätselt. So bekommt das Wort Lügenpresse ungewollt eine ganz neue Facette.

(WDR 2, Oktober 2016)