Telegramm statt Neuland

Journalismus ohne alte Floskeln ist anscheinend nicht möglich. Gleich nach dem Wahlsieg von Donald Trump teilte N24-Reporter Michael Wüllenweber mit: „Wir wissen nicht, ob Bundeskanzlerin Merkel Trump schon ein Telegramm geschickt hat.“ Nun hat Merkel ja erst vor drei Jahren gesagt, dass das Internet „für uns alle Neuland“ ist. Vielleicht ist sie noch nicht bis zur Mail vorgedrungen und hat auch die Handy-Nummer Trumps nicht, um eine SMS zu schicken. Aber dass sich in Washington ein Telegrammbote auf seine Vespa schwingt, um dem zukünftigen Präsidenten der USA eine Botschaft aus Berlin zu überbringen, scheint mir doch etwas unwahrscheinlich zu sein.

(N24, 8.11.2016)

Richtung unten

Der Wetterbericht bei WDR 2 ist immer ein Graus. Zumindest sprachlich. Da „tröpfelt es nur noch Richtung Eifel“. Weiß ich nun Bescheid? Nein. Was heißt denn Richtung? Von Köln aus Richtung Eifel oder von Mainz aus? Und ab wo tröpfelt es? Nur zwei Sachen stehen fest: In der Eifel ist es trocken, denn es tröpfelt ja nur in Richtung Eifel. Und: Die Richtung des öffentlich-rechtlichen Sprachniveaus zeigt eindeutig nach unten.

(WDR 2, November 2016)

Heiße Luft

Bei der Staubsaugerfirma Dyson scheinen mehrere Schauben locker zu sein. Sie preist jetzt einen Föhn mit „digitalem Motor“ an. Nullen und Einsen heizen Luft so auf, dass Haare trocknen? Da hat das Marketing offensichtlich eine neue Physik erfunden, Einstein zum Trotz. Was für ein schlechtes Produkt muss das sein, dass das Marketing zu solchem sprachlichen Schwachsinn greifen muss, um es zu vermarkten? Ein Motor kann zwar digital gesteuert werden, aber ohne mechanische Teile kann er nicht funktionieren. Dyson verkauft also einen Föhn, der nicht funktioniert?

(Werbung, November 2016)

Toller Auftrag

Der neue Berliner Flughafen ist ein großes Problem. Die Berichterstattung darüber manchmal auch. So schrieb der Spiegel im Vorspann: „Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg hat nach Informationen von ´Bild am Sonntag´ eine externe Untersuchung des BER-Eröffnungstermins beauftragt.“

Man lernt doch nie aus. Gemeinhin werden Menschen oder Institutionen mit etwas beauftragt. Dass eine Untersuchung mit einem Gutachten beauftragt wird, ist wirklich eine Topnews.

(Spiegel online, 17.9.2016)