Scheinbar intelligent

Im Bericht über die OPEC überfällt Börsenguru Patrick die Zuschauer mit diesen Worten: „… dass Iran und Irak sich scheinbar einigen wollen. Um 13 Uhr gibt`s ein Announcement.“ Bumms, da hat es mich vom Stuhl gehauen. Ein Announcement, so so. Schade, dass die guten, alten Ankündigungen und Bekanntmachungen ausgestorben sind. Wer in Deutschland fernsieht, versteht ohne Englisch bald nichts mehr.

Viel schlimmer ist jedoch der Anfang. Iran und Irak wollen sich scheinbar einigen? So einen hanebüchenen Unsinn hab ich lange nicht gehört. Warum bloß kriegen Journalisten den Unterschied zwischen anscheinend und scheinbar nicht in ihre Köpfe? Entweder etwas hat den Anschein oder es ist bar jedes Scheins, entbehrt also jedes Scheins (extra für dich, Patrick: ist ein Fake und nein, bar ist keine Kneipe und schreibt sich klein).

Wenn es um 13 Uhr eine Bekanntmachung gibt, werden Iran und Irak wohl nicht nur so tun als ob sie sich einigen wollen. Patrick, du hast das genaue Gegenteil von dem gesagt, was du mitteilen wolltest. Traurig, traurig.

(N24, Nachrichten, 30.11.2016)

Völlig verwässert

Ein Regenrennen wie in Brasilien ist für Formel-1-Fahrer weiß Gott nicht einfach. Aber auch die Kommentatoren kommen ins Schleudern, rein sprachlich. Die Strecke ist klitschnass, das Safety Car ist draußen und Sebastian Vettel funkt etwas von einem „river“ an die Box, der über die Fahrbahn läuft.

Kommentator Heiko Wasser (der heißt wirklich so) übersetzt den river, also den Fluss oder Wasserlauf: „Da läuft ein Rinnsal über die Strecke.“ Nun kennen wir im Deutschen den Strom, den Fluss, den Bach und das Rinnsal. Durch ein Rinnsal watet selbst eine Maus quasi noch zu Fuß. Und darüber mokiert sich Vettel bei diesem Wetter?

Wenig später redet Co-Kommentator Christian Danner von „kleinen Bächlein“. Nun ist ein Bächlein schon eine Verkleinerungsform von Bach. Wenn das also auch noch klein ist, dürfte es kaum größer sein als ein Rinnsal. Hier passt es wirklich zu sagen, die sprachlichen Grenzen verschwimmen. Liebe Leute, nehmt euch doch mal einen Deutschlehrer, der euch hilft, sprachliche Stromschnellen zu meistern.

 (RTL, Formel 1, 13.11.2016)

Telegramm statt Neuland

Journalismus ohne alte Floskeln ist anscheinend nicht möglich. Gleich nach dem Wahlsieg von Donald Trump teilte N24-Reporter Michael Wüllenweber mit: „Wir wissen nicht, ob Bundeskanzlerin Merkel Trump schon ein Telegramm geschickt hat.“ Nun hat Merkel ja erst vor drei Jahren gesagt, dass das Internet „für uns alle Neuland“ ist. Vielleicht ist sie noch nicht bis zur Mail vorgedrungen und hat auch die Handy-Nummer Trumps nicht, um eine SMS zu schicken. Aber dass sich in Washington ein Telegrammbote auf seine Vespa schwingt, um dem zukünftigen Präsidenten der USA eine Botschaft aus Berlin zu überbringen, scheint mir doch etwas unwahrscheinlich zu sein.

(N24, 8.11.2016)

Richtung unten

Der Wetterbericht bei WDR 2 ist immer ein Graus. Zumindest sprachlich. Da „tröpfelt es nur noch Richtung Eifel“. Weiß ich nun Bescheid? Nein. Was heißt denn Richtung? Von Köln aus Richtung Eifel oder von Mainz aus? Und ab wo tröpfelt es? Nur zwei Sachen stehen fest: In der Eifel ist es trocken, denn es tröpfelt ja nur in Richtung Eifel. Und: Die Richtung des öffentlich-rechtlichen Sprachniveaus zeigt eindeutig nach unten.

(WDR 2, November 2016)

Sternschnuppe

Schon erstaunlich, dass Mercedes Werbung für Busse und Bahnen macht. Der neue Slogan in der TV-Werbung lautet: „Das Beste oder nichts.“ Da folge ich natürlich sofort dem Stern und rufe die Seite über den kleinsten Mercedes auf. Als Zweites springt mir der Preis ins Auge: Den A160 gibt es ab 28.333 Franken, nackt. Upps. Ziemlich viel Geld für einen Kleinwagen. Dann nehme ich doch lieber nichts, also den Bus.

(Werbung, November 2016)

Heiße Luft

Bei der Staubsaugerfirma Dyson scheinen mehrere Schauben locker zu sein. Sie preist jetzt einen Föhn mit „digitalem Motor“ an. Nullen und Einsen heizen Luft so auf, dass Haare trocknen? Da hat das Marketing offensichtlich eine neue Physik erfunden, Einstein zum Trotz. Was für ein schlechtes Produkt muss das sein, dass das Marketing zu solchem sprachlichen Schwachsinn greifen muss, um es zu vermarkten? Ein Motor kann zwar digital gesteuert werden, aber ohne mechanische Teile kann er nicht funktionieren. Dyson verkauft also einen Föhn, der nicht funktioniert?

(Werbung, November 2016)

Toller Auftrag

Der neue Berliner Flughafen ist ein großes Problem. Die Berichterstattung darüber manchmal auch. So schrieb der Spiegel im Vorspann: „Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg hat nach Informationen von ´Bild am Sonntag´ eine externe Untersuchung des BER-Eröffnungstermins beauftragt.“

Man lernt doch nie aus. Gemeinhin werden Menschen oder Institutionen mit etwas beauftragt. Dass eine Untersuchung mit einem Gutachten beauftragt wird, ist wirklich eine Topnews.

(Spiegel online, 17.9.2016)

Im Sprachdschungel stromern

Wie flüchtig heutzutage gearbeitet wird, zeigt N24 mit seiner Überschrift „Renault zeigt die elektrische Designstudie Trezor“. Eine elektrische Studie? Da kann man nur hoffen, dass der Strom nicht ausfällt, sonst ist die ganze Studie für die Katz…

Immerhin steht kurz vor Ende des Berichts über den Pariser Autosalon die Auflösung für diese mystische Studie: „Angetrieben wird der Trezor elektrisch.“ Ah, das geht einem doch gleich ein Licht auf, weshalb der Redakteur sprachlich im Dunkeln tappt. Das Auto ist elektrisch, nicht die Studie.

(N24, 2.10.2016)

WDR 2 im Größenwahn

Der öffentlich-rechtliche Radiosender hat sich einen neuen Slogan zugelegt: „Wir sind der Westen.“ Ja ja, zusammen mit Rheinland-Pfalz und dem Saarland ist Nordrhein-Westfalen eins der am weitesten westlich gelegenen Bundesländer. Korrekt wäre also höchsten „Auch wir sind der Westen“. Klingt natürlich blöd. Leider ist das Word Westen aber besetzt, es gibt ja schließlich West- und Ostdeutschland.

WDR 2 maßt sich also an, für elf Bundesländer zu sprechen: „Wir sind der Westen.“ Das ist Größenwahn. Viel schlimmer aber ist, dass der Hörer nicht mehr weiß, wovon der Sender überhaupt spricht. Wenn es mit Kitaplätzen „im Westen“ Probleme gibt, gibt es in Ostdeutschland dann keine? Oder meint WDR 2 nur NRW? Da sitzt der Hörer vor dem Lautsprecher und rätselt. So bekommt das Wort Lügenpresse ungewollt eine ganz neue Facette.

(WDR 2, Oktober 2016)